Wirtschaft und Gesellschaft 33. Jahrgang (2007), Heft 3
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von 1973-74 erreicht habe. Noch weiter
weg von Waldbrunner führen die – an
sich interessanten – Ausführungen von
Susanne Dermutz zur Bildungspolitik
nach 1945 und jene von Oliver Rath-
kolb zur Europapolitik der SPÖ: Dass
Julius Deutsch hier früh ein Konzept
der Neutralität nach Art der Schweiz
verfocht (was aber im beginnenden
Kalten Krieg anrüchig wurde), gehört
zu den interessanteren Aspekten des
komplexen Themas, das Rathkolb aber
schon vor der großen Wende zu Ende
der 1980er Jahre ausklingen lässt.
Helmut Pech lässt schließlich, mit
dem Anknüpfungspunkt von Wald-
brunners Funktion als Vizepräsident
der Nationalbank, die „Gesichter einer
Zentralbank“ Revue passieren, von
jenem der wirtschaftspolitischen Akti-
vität zur Kundenorientierung, Wissens-
vermittlung und sogar ethischen Funk-
tion – auch dies eine Wendeerzählung,
die ohne wesentlichen Rückgriff auf
die Titel gebende Persönlichkeit des
Buches auskommt.
Die abschließenden Berichte von
– zum Teil sehr prominenten – Zeitzeu-
gen, die Waldbrunners Wirken noch
persönlich erlebt haben, bezeugen,
dass Karl Waldbrunner – wie gesagt
– eine „imponierende“ Persönlichkeit
war. Wir begegnen hier aber dem – üb-
rigens gar nicht so seltenen – Parado-
xon, dass ein energischer und macht-
voller Gestalter eine letztlich gar nicht
so kräftige Spur in der Geschichte hin-
terlassen hat, als man zu seiner Zeit
geneigt gewesen wäre anzunehmen.
Robert Schediwy