Full text: Wirtschaft und Gesellschaft - 2010 Heft 1 (1)

Wirtschaft und Gesellschaft 36. Jahrgang (2010), Heft 1 140 dass Frauen nach wie vor weit stärker armutsgefährdet sind als Männer. Damit ist die Brücke zum „Hand- buch Armut in Österreich“ geschlagen. 46 ExpertInnen nehmen sich darin in 48 Beiträgen des Themas aus unter- schiedlichen Perspektiven an. Im ersten Abschnitt des Buches er- folgt eine Bestandsaufnahme, bei der neben der Armut auch die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Österreich dargelegt wird. Der zweite Abschnitt widmet sich verschiedenen „Risikofaktoren“ (z. B. Geschlecht, Alter, niedriges Bildungsniveau oder Migrationshintergrund), Erscheinungs- formen (z. B. Überschuldung, Armut im ländlichen Raum) und Bewälti- gungsstrategien. Im dritten Abschnitt werden die für die Armutsbekämpfung in Österreich relevanten Organisatio- nen und Institutionen beleuchtet sowie die Maßnahmen und Mittel, die diesem Zweck zugeführt werden. Abschnitt vier nimmt sich des historischen wie auch des politischen Diskurses an, worauf im Schlussabschnitt ein Blick auf die Herausforderungen und Perspektiven im Kampf gegen die Armut geworfen wird. Insgesamt ergibt sich ein diszip- linenübergreifender, umfassender und systematischer Überblick über den ak- tuellen Stand der Armutsforschung in Österreich. Als Folge der neoliberal ausgerich- teten Wirtschafts- und Sozialpolitik hat sich in vielen Ländern seit den 1980er- Jahren die Einkommensverteilung po- larisiert, die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert. Die Ursachen für die Verarmung Einzelner sind sehr viel- fältig, sie reichen von Arbeitslosigkeit und Überschuldung bis zu individuel- len Schicksalsschlägen wie Krankheit oder Trennung vom Partner oder der Familie. Armut als Massenphänomen kann zur Auflösung des gesellschaftli- chen Zusammenhangs beitragen, wie die Erfahrungen der 1930er-Jahre zei- gen, zur Entsolidarisierung, Ausgren- zung, zum Zulauf zu extremistischen Parteien, zur Gewaltbereitschaft, zum Bruch des sozialen Friedens. Die Wirtschaftskrise, die im Herbst 2008 begann, hat zu einer weiteren Zunahme der Armut geführt. In Ös- terreich gelten mittlerweile rd. 1,1 Mio. Menschen als armutsgefährdet, mehr als 450.000 als manifest arm. Auch die Entscheidung, das Jahr 2010 zum „Europäischen Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ zu machen, und die ak- tuelle Debatte über die Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zeigen die Bedeutung des Armutsthe- mas für unsere Gesellschaft. In Kombination bieten die beiden hier kurz vorgestellten Bände einen ausgezeichneten Überblick zum The- ma Armut. Norman Wagner

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