Volkswirtschaftliche Effekte der Liberalisierung des Eisenbahnpersonenverkehrs
56 Arbeiterkammer Wien
Die Verträge bringen stabile Rahmenbedingungen sowohl für den Bund als auch die
Verkehrsunternehmen sowie erstmalig die genaue Festlegung des Grundangebotes des Bundes.
Insbesondere die Länder haben Klarheit eingefordert, welche Leistungen vom Bund bestellt und
finanziert werden. Darauf aufbauend können die Länder nach ihren jeweiligen verkehrspolitischen
Schwerpunkten zusätzliche Leistungen bestellen.
Ziel der Tagung zwischen Bund und Ländern war es, auf Basis gemeinsam festzulegender Kriterien
ein ÖV-Angebot und einen Taktfahrplan zu definieren und dessen gemeinsame Finanzierung zu
beschließen um der Bevölkerung das bestmögliche Angebot zur Verfügung zu stellen.
Politische Motivation des vierten Eisenbahnpakets
Aus der vorhergehenden Argumentation geht hervor, dass die Entscheidung pro oder contra viertes
Eisenbahnpaket nicht rein ökonomischer (oder gar ökologischer) Natur ist, sondern dass es sich
vielmehr um eine politische Entscheidung handelt. Den EntscheidungsträgerInnen soll daher
bewusst sein, welches Ziel die EK mit dem vierten Eisenbahnpaket tatsächlich verfolgt.
Denn die vorrangigen Ziele der LiberalisierungsbefürworterInnen dürften weder mehr Wettbewerb
noch das freie Spiel der Märkte sein. Worum es wirklich geht, ist eine Streichung der
Direktvergabemöglichkeit und somit die Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen
im Schienenverkehr. (Eisenbahn)unternehmen, die nach der Vorstellung der EK nicht einmal über
Rollmaterial verfügen müssen, bewerben sich um die Konzession, eine bestimmte Strecke für einen
bestimmten Zeitraum zu betreiben. Das Unternehmen, welches den Zuschlag bekommt, privat oder
öffentlich, betreibt den Verkehr für diesen Zeitraum als Monopolist.
In Österreich beispielsweise wird ein Großteil des Nah- und Regionalverkehrs direkt von Bund und
Ländern über die GWL-Verträge finanziert, da deren Erbringung im öffentlichen Interesse liegt, die
Leistung aber aufgrund zu geringer Tariferlöse nicht am freien Markt angeboten werden kann. Allein
im kleinen Österreich handelt es sich dabei um ein jährliches Auftragsvolumen von fast einer
Milliarde Euro – ein Volumen, das sich multinationale Verkehrsunternehmen nicht entgehen lassen
wollen.