Anpassungsvorschläge für Österreich
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3.1.2. Unterhalt nach Scheidung
Der Unterhalt nach einer Scheidung hängt in Österreich primär vom Verschulden bzw.
Schuldausspruch ab:
? § 66 EheG: Bei Scheidung mit (einseitigem oder überwiegendem) Schuldausspruch
(§ 49 EheG) besteht Anspruch auf „angemessenen Unterhalt“. Der angemessene
Unterhalt für eine geschiedene Ehefrau beträgt – laut Rechtssprechung – höchstens
33% des Netto-Einkommens des Ehemannes bzw. 40% des gemeinsamen Einkom-
mens. (Für unterhaltspflichtige Kinder und gegebenenfalls eine neue Ehepartnerin
reduziert sich dieser Prozentsatz weiter.)
? § 68 EheG: Haben beide EhepartnerInnen gleiches Verschulden an der Scheidung,
besteht nur Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nach Billigkeit. Laut Rechts-
sprechung beläuft sich dieser auf 10% bis 15% des Netto-Einkommen des
Ehemannes.
? Bei einer einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG ohne Unterhaltsver-
einbarung kann ebenfalls ein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag nach Billigkeit (§ 68
EheG) oder nach § 68a EheG bestehen.
? § 68a EheG: Seit 2000 besteht ein vom Verschulden unabhängiger Unterhalts-
anspruch für zwei besondere Bedarfslagen: Kinderbetreuung und Unzumutbarkeit der
Selbsterhaltung aufgrund der Ehegestaltung.
? § 69 Abs 2 EheG: Nur wenn die Ehefrau gegen ihren Willen (§ 55 EheG) und auf-
grund des alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des Ehegatten (dieser muss
auch die Scheidung einreichen) geschieden wird, besteht Anspruch auf Unterhalt wie
bei aufrechter Ehe (§ 94 ABGB).
Problemlagen
Selbst bei einseitigem Verschulden des Ehemannes haben Ehefrauen keinen unbe-
dingten Unterhaltsanspruch, sondern sie haben – laut Rechtssprechung – sogar die
Pflicht, sich durch Erwerbstätigkeit zu erhalten. Selbst eine Frau, die ihre Erwerbs-
tätigkeit zugunsten der Haushaltsführung und/oder Kindererziehung aufgegeben hat, ist
nach einer Scheidung primär selbst für ihren Unterhalt zuständig. Dabei werden
allerdings auch die konkreten Lebensumstände (etwa Alter der geschiedenen Frau oder
auch die Betreuung eines kleinen Kindes bis zum 6. Lebensjahr oder mehrerer schul-
pflichtiger Kinder) berücksichtigt.
Frauen haben also auch trotz „Hausfrauenehe“ keinen unbedingten Unterhaltsanspruch
und selbst vom „angemessenen Unterhalt“ (maximal 33% des Netto-Einkommens des
Mannes) können Frauen in der Regel nicht leben. Tatsächlich scheint es so, dass die
wenigsten geschiedenen Frauen nur vom Unterhalt des geschiedenen Mannes leben,
sondern ohnedies einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Laut interviewter Expertinnen ist es sehr schwierig, bei der Scheidung ein „alleiniges
oder überwiegendes Verschulden des Ehemannes“ nachzuweisen bzw. werden die meis-