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Liebe Leserinnen und Leser,
auch heuer ändert sich leider an der
angespannten Gesamtlage des öster-
reichischen Arbeitsmarktes nicht viel:
Das Beschäftigungswachstum ist nach
wie vor zu gering, um das steigende
Arbeitskräftepotenzial zur Gänze auf-
zufangen. Die Folge ist eine weiterhin
steigende Arbeitslosigkeit. Obwohl es
erste Zeichen für eine leichte Erholung
gibt ( beispielsweise mehr offene Stel-
len in manchen Branchen ), ist keine generelle Entspannung der Situation auf dem Arbeitsmarkt in
Sicht, wie auch die Analyse der Arbeitsmarktdaten der zweiten Jahreshälfte 2015 zeigt.
Der Spezialteil dieser Ausgabe von „Arbeitsmarkt im Fokus“ greift das Thema der Gleichstellung
zwischen Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt auf. Diese ist in Österreich noch lange nicht
Realität, und wie man ab S. 28 nachlesen kann, gibt es verschiedene Bereiche, in denen Frauen
auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor benachteiligt sind. Das zeigt sich auch darin, dass jede zweite
Frau teilzeitbeschäftigt ist, dass Frauen weniger als Männer verdienen ( auch wenn man die Werte um
die Arbeitszeit bereinigt ), was sich natürlich bei Arbeitslosigkeit oder auch später in der Pension nega-
tiv auswirkt. Hier gilt es anzusetzen: Wir brauchen eine Aufwertung von traditionellen Frauenberufen
einerseits und mehr Frauen in nicht traditionellen Berufen andererseits. Zudem ist ein ausreichendes
qualitätsvolles Angebot an ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen eine der wichtigsten Voraus-
setzungen dafür, dass Frauen auch verstärkt Vollzeit erwerbstätig sein können. Bei Arbeitslosigkeit
wäre die Abschaffung der Partnereinkommensanrechnung in der Notstandshilfe für Frauen ( insbe-
sondere auch für Frauen ab 50 Jahren, wo die Dauer der Arbeitslosigkeit steigt) besonders wichtig.
Es ist mir aber auch ein Anliegen, ein weiteres Ergebnis der Analyse herauszugreifen, welches ange-
sichts der momentanen politischen Diskussionen auf europäischer Ebene fast in Vergessenheit ge-
raten ist: nämlich dass die Jugendarbeitslosigkeit in Europa nach wie vor erschreckend hoch ist. In
Ländern wie Griechenland und Spanien liegt die Arbeitslosenquote von Jugendlichen bei fast 50 %,
in Österreich ist die Jugendarbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig ( bei 10 % ), aber auch hier ist
jede/r Jugendliche, der / die arbeitslos ist, eine/r zu viel! Hier muss Europa politisch handeln, damit
hier nicht eine „verlorene Generation“ heranwächst, die von Beginn an keine faire Chance auf dem
Arbeitsmarkt erhält.
Rudi Kaske
AK Präsident
VorWort