Kausalität der allfälligen Versäumnisse nach § 190 Z. 1 StPO eingestellt wurde. Im Hinblick auf
dieses Sachverständigengutachten ist eine Prüfung der Aussage eines fachkundigen Insiders
innerhalb von zwei Tagen jedenfalls möglich.“
Auf die Tatsache, dass durch die Eingabe des VAI mit Eingang 27.02.2012 bei der zuständigen
Staatsanwaltschaft Graz umfangreiche neue Erkenntnisse bekannt geworden sind, geht das BMJ
nicht ein.
Im Übrigen merkt der Verfasser dieser Studie an, der der Verteidiger des rechtskräftig verurteilten
Triebfahrzeugführers war (eine Anregung zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung
des Gesetzes ist eingebracht), dass die zitierte Eingabe des VAI die Argumentation des Verteidigers
auf Schuldlosigkeit des Triebfahrzeugführer nachdrücklich stützte. Aber auch in diese Richtung
haben Staatsanwaltschaft und Berufungsgericht diese neuen Beweise und Ermittlungsergebnisse
nicht beachtet.
Die sechs Anfragen zeigen auf, dass dem Nationalrat seit 2009 die Problematik der
Verbandsverantwortlichkeit im Eisenbahnwesen zunehmend bewusst geworden ist.
Ein breiter Teil des Hohen Hauses ist der Meinung, dass es zwar seit 01.01.2006 ein
Verbandsverantwortlichkeitsgesetz gibt, dieses aber jedenfalls im Bereich des Eisenbahnwesens
sowohl von der Strafjustiz als auch von den Eisenbahnbehörden, insbesondere dem BMVIT und der
SUB-Schiene nicht gesetzesgemäß exekutiert wird.
Die Anfragebeantwortungen gerade der Bundesministerinnen für Justiz zeigen anschaulich das
Dilemma der Verbandsverantwortlichkeit im Eisenbahnwesen auf:
a)
Das BMJ geht auf die Anfragen nur oberflächlich und teilweise ein. Die Anfragen werden auch nicht
etwa zum Anlass dafür genommen, die Praxis der Anklagebehörden bei Eisenbahnunfällen kritisch
zu hinterfragen. Nicht einmal die Art und Weise des Umganges einer Anklagebehörde mit Eingaben
des VAI (siehe Kapitel 5.6) wird reflektiert.
b)
Es wird mit falschen Zahlen argumentiert (siehe Kapitel 5.2, 5.5 und 5.6). Die wahre Größenordnung
der Strafverfahren in Eisenbahnunfällen ist nicht bekannt. (Das Zahlenproblem betrifft aber auch die
Eisenbahnsicherheitsbehörde, dort in Bezug auf die Unfallszahlen, siehe Kapitel 8.2).