Digitalisierung der Arbeitswelt – Rechtliche Aspekte neuer Formen der Arbeitsorganisation ? M. RISAK
DRdA ? 5/2017 ? Oktober 331
Übersicht
1. Digitalisierung und Arbeiten 4.0
1.1. Begriffsbestimmung und technische
Grundlagen
1.2. Andere Komponenten des Arbeitens 4.0
1.3. Von der Input- zur Output-Kontrolle
2. Zeitliche und örtliche Entgrenzung
2.1. Entgrenzung und Arbeitsvertrag
2.2. Zeitliche Entgrenzung
2.3. Örtliche Entgrenzung
3. Plattformbasiertes Arbeiten – Crowdwork
3.1. Begriffsklärungen
3.2. Funktionsweise der Plattformökonomie
3.3. Arbeitsrechtliche Einordnung
3.4. Arbeitsrechtlicher Änderungsbedarf
4. Ausblick
1. Digitalisierung und Arbeiten
4.0
1.1. Begriffsbestimmung und technische
Grundlagen
Der Begriff der Digitalisierung hat eine zweifa-
che Bedeutung. Ursprünglich wurde darunter der
Prozess der Überführung von Informationen von
einer analogen in eine digitale Speicherform ver-
standen (so zB von einem Buch in ein Word-Doku-
ment).2) In seiner neueren Bedeutung, die auch
diesem Vortrag zu Grunde liegt, geht es um eine
spezielle Form der Automatisierung, nämlich die
(Teil-)Automatisierung mittels Informationstechno-
logien. Der durch diese hervorgerufene Wandel
wird in diesem Zusammenhang auch als „digita-
le Transformation“ bezeichnet, wobei die neue
Qualität der aktuellen Veränderungen darin liegt,
dass gerade die Schwelle überschritten wird, an
der eine neuartige Durchdringung weiter Teile des
täglichen Lebens, der Wertschöpfungsprozesse und
des Arbeitens durch die Digitalisierung stattfindet:
„Das Internet vernetzt nicht nur kommunizierende
Menschen, sondern auch „kommunizierende“, dh
Daten aussendende Dinge.“3) Dies wird vor allem
durch den Fortschritt in drei Kernbereichen voran-
getrieben, die sich gegenseitig verstärken: (1.) die
Informationstechnologie und Software, (2.) die
Robotik und Sensorik und (3.) die Vernetzung.4)
In der Produktion, der sogenannten Industrie 4.0
(dazu sogleich), sollen auf dieser Basis intelligen-
te, digital vernetzte Systeme eine weitestgehend
selbstorganisierte Produktion ermöglichen: Men-
schen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte
kommunizieren und kooperieren dabei direkt mit-
einander. Damit werden Produktions- und Logis-
tikprozesse zwischen Unternehmen intelligent
mitei nander verzahnt, um die Produktion noch
effizienter und flexibler zu gestalten.5)
Die Arbeit in einem solchen Umfeld wurde in
einem umfangreichen Grünbuch 2015 und dem
darauffolgenden Weißbuch 2016 des deutschen
Digitalisierung der Arbeitswelt1) – Rechtliche
Aspekte neuer Formen der Arbeitsorganisation
MARTIN RISAK (WIEN)
Die Digitalisierung der Arbeitswelt und die damit verbundenen Phänomene, die
gemeinhin als Arbeiten 4.0 zusammengefasst werden, führen zu tiefgreifenden
Veränderungen der Arbeitsorganisation, die auch zahlreiche Rechtsfragen aufwer-
fen. Dieser Beitrag greift zwei sich in diesem Zusammenhang stellende Kernfragen,
nämlich einerseits die Entgrenzung von Arbeitszeit und Arbeitsort und anderer-
seits das plattformbasierte Arbeiten (das „Crowdwork“) auf und behandelt diese
aus arbeitsrechtlicher Perspektive.
© Peter Reitmayer
1) Überarbeitete und insb um Fußnoten erweiterte Fassung des im Rah-
men der 52. Wissenschaftlichen Tagung der Österreichischen Gesell-
schaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht in Zell am See am 30.3.2017
gehaltenen Vortrages.
2) Hess, Digitalisierung, in Gronau/Becker/Sinz/Suhl/Leimeister, Enzyklo-
pädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon, http://www.enzyklo-
paedie-der-wirtschaftsinformatik.de/lexikon/technologien-methoden/
Informatik-Grundlagen/digitalisierung (27.3.2017).
3) BMAS, Weißbuch Arbeiten 4.0 (2016) 19.
4) BMAS, Weißbuch Arbeiten 4.0, 21; ähnlich Flecker/Riesenecker-
Caba/Schönauer, Arbeit 4.0, in BMASK, Sozialbericht 2015-16
(2017) 380.
5) Samulat, Die Digitalisierung der Welt (2017) 3.