Karenz anstelle Elternteilzeit – kein endgültiger Untergang des Anspruchs auf Elternteilzeit ? K. BURGER-EHRNHOFER
DRdA ? 5/2017 ? Oktober 425
juristische Diplomarbeit – außer Betracht. Das Augen-
merk wird auf den ärztlichen Beruf gelegt, wenngleich
sich dieselben Rechtsfragen bei allen Angehörigen von
Gesundheitsberufen in Krankenanstalten stellen.
Auch wenn Michaela Lexer alle Aspekte von den
Höchstarbeitszeitgrenzen über die Opting-out-Klausel
bis hin zu den Ruhezeiten in den Blick nimmt, würde
man sich als LeserIn an mehreren Stellen eine inten-
sivere Auseinandersetzung – mit möglicherweise auch
anderem Ergebnis – wünschen, so beispielsweise an
der Schnittstelle zum alles andere als einfachen Bereich
des öffentlichen Dienstrechtes: Zwar stellt die Autorin
richtig dar, dass auch BeamtInnen dem KA-AZG unter-
liegen, genaugenommen ist dies aber nicht eine Frage
des Rechtsträgers des Krankenhauses (S 22), ist auch
keine Frage des Öffentlichkeitsrechts (S 66: „öffentli-
ches Krankenhaus“), sondern eine Frage der Person
des DG. Denn bei ausgegliederten Landeskrankenan-
stalten ist der Rechtsträger eine in Landeshand befind-
liche GmbH und somit privat – unabhängig davon, ob
das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde –, während
der DG der dorthin überlassenen BeamtInnen freilich
weiterhin das jeweilige Bundesland bleibt. Weiters ist
Lexers Aussage „Die Krankenanstalten des Bundes wer-
den, im Gegensatz zu den Krankenanstalten der Län-
der, nie als Betriebe geführt und gelten daher stets als
Dienststellen.165“ (S 64) zu hinterfragen. Denn einerseits
gelten die vom Bund geführten Krankenanstalten – vier
Heeresspitäler und die beiden Sonderkrankenanstalten
der Justizanstalt Wien-Josefstadt – nicht als sonstige
Verwaltungsstellen iSd § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG (vgl
etwa Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 33
Rz 11), andererseits erfüllen sie dann den Betriebsbe-
griff des § 34 ArbVG, wenn sie eine organisatorische
Einheit bilden, was zwar eine Frage der konkreten
Ausgestaltung ist, wohl aber im Regelfall bejaht werden
kann (dazu eingehender Stärker, Krankenanstalten:
Betriebsrat oder Personalvertretung? ecolex 2003, 431).
In FN 165 führt die Autorin zu ihrer Unterstützung
Klein, KA-AZG (1998) 59 an, der jedoch in seiner
Kommentierung richtig anmerkt, dass Betriebsräte die
Inte ressen von DN „in Krankenanstalten des Bundes,
wenn die Krankenanstalt als Betrieb geführt wird (was
laut den EB zur RV in der Regel nicht der Fall ist)“ ver-
treten. Die sakrosankte Aussage in den ErläutRV 386
BlgNR 20. GP 10 („Die Krankenanstalten des Bun-
des werden als Dienststellen geführt und fallen daher
nicht unter das ArbVG“) hätte die Autorin daher näher
beleuchten können. Jedenfalls zu überdenken ist es,
wenn sie von AN spricht, „deren Arbeitsverhältnis auf
einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruht“ und dabei
BeamtInnen meint (S 65).
Auf S 58 stellt Lexer richtigerweise fest, dass die
Pflicht des DG, ein aktuelles Verzeichnis der DN zu
führen, die einer Verlängerung der durchschnittlichen
Wochenarbeitszeit schriftlich zugestimmt haben (§ 11b
Abs 3 KA-AZG), nicht im Strafkatalog des § 12 KA-AZG
aufgenommen wurde. Doch nach ihrer Ansicht sei dies
auch nicht erforderlich gewesen, da die Strafbestim-
mung des § 24 Abs 1 lit d ArbIG Anwendung fände.
Dies ist mE jedoch zu bezweifeln: Nach dem ArbIG
ist zu bestrafen, wer als AG entgegen § 8 Abs 3 ArbIG
Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge
nicht übermittelt. § 8 Abs 3 ArbIG definiert lediglich
die Pflicht zur Übermittlung – und § 8 Abs 1 ArbIG
die Pflicht zur Vorlage – all jener Unterlagen, die mit
dem AN-Schutz im Zusammenhang stehen, worunter
unzweifelhaft auch das Verzeichnis des § 11b Abs 3
KA-AZG zu verstehen ist. § 8 ArbIG enthält aber keine
Pflicht zur Führung bzw Erstellung dieser Unterlagen,
weshalb nur solche Unterlagen vorzulegen bzw zu
übermitteln sind, die tatsächlich vorhanden sind (vgl
BMAS 60.010/1-3/93 ARD 4481/21/93; VwGH 9.7.1992,
91/19/0284). Wer daher als DG kein Verzeichnis nach
§ 11b Abs 3 KA-AZG führt, kann daher auch nicht nach
§ 24 Abs 1 lit d ArbIG wegen Nichtübermittlung bestraft
werden. Festzustellen bleibt daher lediglich eine man-
gelhafte Umsetzung des Art 22 Abs 1 lit c RL 2003/88/
EG, weil die Umsetzungsnorm des § 1b Abs 3 KA-AZG
nicht effektiv ist.
Gem § 3 Abs 2 Z 1 KA-AZG darf die Wochenarbeits-
zeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von bis
zu 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden nicht über-
schreiten, gleiches gilt bei verlängerten Diensten nach
§ 4 Abs 4 Z 2 KA-AZG, soweit vom Opting-out des § 4
Abs 4b KA-AZG nicht Gebrauch gemacht wurde. Erkenn-
bar knüpft diese Regelung an Art 6 RL 2003/88/EG an.
Lexer lehnt dabei eine rollierende Durchschnittsbetrach-
tung (dh Woche für Woche oder gar Tag für Tag beginnt
ein neuer, jeweils für sich zu betrachtender Durchrech-
nungszeitraum; vgl das Beispiel bei Burger in Reissner/
Neumayr [Hrsg], Zeller Handbuch Betriebsvereinbarun-
gen [2014] Rz 43.29), wie sie für Schrank, Arbeitszeit-
gesetze-Kommentar3 (2015) § 9 AZG Rz 12 sowie § 3
KA-AZG Rz 10, am naheliegendsten erscheint, mit der
Begründung ihrer Kompliziertheit ab (S 41). Abgesehen
davon, dass für Arbeitszeitverwaltungssoftware diese
zusätzlichen Berechnungen kaum auf Schwierigkeiten
stoßen werden, ist auch methodisch fraglich, ob AN-
Schutzbestimmungen aus Gründen ihrer Praktikabilität
zu Lasten des AN vereinfacht ausgelegt werden können.
ME wird man von einem rollierenden Durchrechnungs-
zeitraum ausgehen müssen (anders beim Durchrech-
nungszeitraum des § 4 Abs 4 oder 6 AZG); wer als AG
aus Gründen des administrativen Aufwandes für alle AN
einheitliche Durchrechnungszeiträume haben möchte,
die obendrein auch nicht rollierend, sondern seriell (dh
erst nach Ende des einen Durchrechnungszeitraumes
beginnt ein neuer) geordnet sind, kann dies durch ent-
sprechend kürzere Durchrechnungszeiträume – mit acht
Wochen ist man auf der sicheren Seite – erreichen. § 9
Abs 4 AZG enthält zwar dieselbe Rechtsfrage, auf die
dazu ergangene Literatur nimmt die Autorin hingegen
keinen Bezug (zB auf Grillberger in Grillberger, Arbeits-
zeitgesetz3 [2011] § 9 Rz 8).
Im Anwendungsbereich des KA-AZG (S 22) würde
sich auch die Untersuchung lohnen, wie jene DN zu
behandeln sind, die – beim selben DG – zum Teil inner-
halb, zum Teil außerhalb der Krankenanstalt eingesetzt
werden, wie etwa soldatische SanitäterInnen eines Hee-
resspitals im Feld. Eine nähere Untersuchung verdient
etwa auch die Frage, wie die VertreterInnen der von der
Arbeitszeitgestaltung betroffenen DN – die von Lexer
hier verwendete Bezeichnung „Personalvertretung“ ist
missverständlich, weil es keine Personalvertretung iSd
PVG ist, und auch falsch, wenn sie diese Bezeichnung
als wörtliches Zitat dem § 3 Abs 3 KA-AZG entnehmen
möchte (S 65; FN 173) – eigentlich ermittelt werden,
mit denen das betriebliche Vertretungsorgan das Ein-
vernehmen herzustellen hat. In diesem Zusammenhang
BUCHBESPRECHUNG N