Zusammengefasst
Eine österreichweite Gesamt-
übersicht über die Höhe und
Verwendung der Mittel für den
ÖPV fehlt. Der wichtigste Finan-
zier ist der Bund, Länder (ohne
Wien) und Gemeinden geben
etwa 2 Prozent ihres Budgets
für den Öffentlichen Verkehr
aus. Wien wendet 6 Prozent
dafür auf. Der ÖV braucht mehr
Transparenz. Bei Verkehrsaus-
gaben müssen sämtliche, auch
externe, Kosten von Projekten
berücksichtigt werden.
wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 14
Stadtwachstum als Rahmenbedingung für den Öffentlichen Personenverkehr
(ÖPV) stellt die Gebietskörperschaften als
wichtigste Finanziers, die Verkehrsverbünde
als Organisatoren und die Infrastruktur- und
Verkehrsunternehmen als Leistungserbrin-
ger vor vielfältige Herausforderungen. Nicht
bloß eine Erhöhung der Nachfrage in Stadt
und im Umland, sondern auch geänderte
Rahmenbedingungen in ländlichen Gebie-
ten, wie etwa ein erhöhtes Pendleraufkom-
men und mitunter eine geringere Nachfrage
auf Grund eines Bevölkerungsrückgangs
am Land, sind die Folgen.
Gesamtübersicht fehlt
Die genannten Änderungen der Nachfrage
betreffen nicht nur die Fahrgeldeinnahmen
der Unternehmen, sondern auch die we-
sentlich bedeutenderen Einnahmen der Ver-
kehrsunternehmen durch Verkehrsdienste-
Bestellungen und Förderungen seitens der
Gebietskörperschaften. Das liegt daran,
dass in der Stadt großteils andere Finan-
zierungsströme von Bedeutung sind als im
Stadtumland und in der Region. Sind in den
Städten die Subventionen für kommunale
oder ausgelagerte Betriebe und Fahrgeld-
einnahmen von hoher Bedeutung, sind es in
ländlichen Gebieten die Mittel aus der Schü-
ler- und Lehrlingsfreifahrt. Außerdem die Be-
stellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen
des Eisenbahnverkehrs durch den Bund.
Eine österreichweite Gesamtübersicht über
die Höhe und Verwendung der Mittel für den
FINANZIERUNG DES ÖFFENTLICHEN PERSONENVERKEHRS
Föderal und unübersichtlich
Die Finanzierung des Öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV) bei wachsenden
Bevölkerungszahlen ist eine Geschichte der Herausforderungen. Die Unüber-
sichtlichkeit des Gesamtsystems trägt dazu bei. Von Johann Bröthaler und Gerald Grüblinger
ÖPV fehlt. Grund dafür ist zum einen die fö-
derale Struktur Österreichs: in den einzelnen
Bundesländern bzw rund um die Verkehrs-
verbünde, deren Verbundgebiet meistens
deckungsgleich mit einem Bundesland ist,
laufen Verkehrsdienste-Bestellungen und
Förderungen teilweise sehr unterschiedlich
ab. Andererseits: Ehemals kommunale Ver-
kehrsunternehmen sind heute ausgegliedert
und scheinen damit nicht mehr vollumfäng-
lich in den Gemeindebudgets auf.
Bund zahlt mehr als 4 Milliarden Euro
Wichtigster Finanzier des ÖPV ist der Bund.
In den Budgets der Bundesministerien fin-
den sich verlässliche Zahlen über die Höhe
der Mittel für den ÖPV. In Summe hat der
Bund jährliche ÖV-Ausgaben von mehr als
vier Milliarden Euro, der Großteil davon fließt
in die Bahninfrastruktur. Weiters werden aus
dem Budget des BMVIT die Bestellungen ge-
meinwirtschaftlicher Leistungen des Eisen-
bahnverkehrs im Umfang von fast 700 Milli-
onen Euro finanziert. Neben den Leistungen
des BMVIT sind die Zahlungen des BMFJ im
Rahmen der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt
(rund 400 Mio. Euro) zu nennen. ?
Wie koordiniert sich der Ver-
kehr über die Stadtgrenzen
hinaus? Transparenz und
Mindeststandards würden so
manchen Crash vermeiden
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Wanderungsbilanz
Im Jahr ziehen etwa 5.000 Menschen aus den
Bundesländern nach Wien. Gleichzeitig siedeln
5.000 WienerInnen ins Burgenland oder nach
Niederösterreich. Auch deshalb muss der Bal-
lungsraum ganzheitlich gesehen werden.
+/– Null
Dr Johann Bröthaler ist
Leiter des Fachbereichs
Finanzwissenschaft und
Infrastrukturpolitik im
Department für Raum-
planung der TU Wien.
DI Gerald Grüblinger
ist Universitätsassistent
des Fachbereichs
Finanzwissenschaft und
Infrastrukturpolitik im
Department für Raum-
planung der TU Wien
Thema
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