Amsterdam
Sperrklausel beim
Vermieten
Mit neuen Bestimmungen
tritt Amsterdam gegen
Wohnungsspekulation
auf. Ab 1. April werden
Wohnungen, die weniger
als 512.000 Euro kosten,
nicht mehr einfach so zum
Weitervermieten gekauft
werden können. Unter
diese Preisgrenze fällt die
Mehrheit der Wohnungen,
die am Markt angeboten
werden. Wollen die Käu-
fer:innen ihre Wohnung
dann vermieten, müssen
sie nachweisen, dass sie
selbst die Wohneinheit
mindestens vier Jahre
bewohnt haben. Eine
Ausnahme gilt nur bei
näheren Angehörigen, an
die darf schon während
der Schonfrist vermietet
werden. Für maximal ein
Jahr darf die Wohnung
auch an andere ver-
mietet werden, wenn der
Besitzer oder die Besit-
zerin im Ausland weilt.
Rund 30 Prozent aller
Wohnungen Amsterdams
sind in den Händen von
Investoren. Viele der neu-
erworbenen Wohnungen
werden etwa über Airbnb
touristisch vermietet und
so dem Wohnungsmarkt
entzogen. o
Editorial
10 Jahre, Bullshit Bingo
Von Thomas Ritt, Leiter Abteilung
Kommunalpolitik und Wohnen der AK Wien
Mit der Resilienz ist es ein bisschen
wie mit der Nachhaltigkeit, alle reden
darüber, der tiefere Sinn bleibt aber
meistens verborgen. Krisenfest machen
und gegen Schocksituationen absichern
ist da der Kern des Ansatzes. Aber das
Ganze scheint in der Praxis gar nicht so
leicht zu sein. Es ist zwar wunderbar,
wenn man seinen Strom hauptsächlich
erneuerbar und im eigen Land erzeugt,
aber wenn man diesen Vorteil mit einer
liberalisierten Strombörse kombiniert,
schlägt jede Krise sofort auf die Ärmsten
durch. Auch bei viel einfacheren The-
men ist resiliente Politik schwierig. Der
öffentliche Raum hat in der Pandemie
seine enorm wichtige Funktion für das
Wohlergehen der Menschen gezeigt.
Dieselbe Pandemie stärkt jedoch auch
den Druck, diesen Raum mit Schani-
gärten zu privatisieren. Was gewinnt, die
Resilienz der Bewohner:innen oder die
der Wirte? Es bleibt dasselbe Problem
wie bei der Nachhaltigkeit – genau
hinschauen statt gleich glauben, ist die
Devise – sonst bleibt’s beim Schlagwort
fürs Bullshit Bingo.
Eine Überleitung ist schwierig, deshalb
verzichte ich darauf: Die AK Stadt gibt’s
jetzt seit 10 Jahren. So eine Neugrün-
dung will gut überlegt sein und auch
die, die es entscheiden müssen, hatten
so ihre Fragen. Eine davon war, ob uns
nicht nach ein paar Nummern die The-
men ausgehen. Wie man sieht, ist das
nicht passiert und Ideen haben wir noch
genug. Aber wie viele andere Zeitschrif-
ten auch haben wir (außer bei groben
Schnitzern) feedbackfaule Leser:innen.
10 Jahre sind doch ein guter Anlass uns
einmal die Meinung zu sagen. Wohlan:
stadt@akwien.at o
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Am Festnetz
AK Hotline für Miet- und Wohnrechtsfragen: (01) 501 65–1345 (Mo–Fr 8–12 Uhr, Di 15–18 Uhr)
Keine Ruhe um den Friedenszins
„Hallo, mein Name ist Marko B., ich weiß, Sie sind für meine Frage eigentlich gar
nicht zuständig,“ begann der Anrufer das Gespräch.
„Schau ma mal, um was geht’s denn bitte?“ fragte die AK Beraterin.
„Das ist a Wahnsinn“, echauffierte sich Herr B., „ich habe von meinen Eltern im
4. Bezirk a Wohnung geerbt. Die ist aber an eine alte Dame vermietet. Die wohnt
schon seit 1974 drin und zahlt noch immer Friedenszins, a Wahnsinn, die zahlt ja
kaum Miete.“
„Das kann ich aber gar nicht glauben, dass Ihre Mieterin Friedenszins zahlt, der
wurde ja 1968 abgeschafft.“
„Naja, Sie wissen schon, sie zahlt ur wenig.“
„Ich verstehe schon, dass Sie gerne mehr hätten, aber schon alleine aufgrund
der Gesetzesänderungen der letzten Jahrzehnte zahlen diese Mieter:innen oft ein
Vielfaches der ursprünglich vereinbarten Miete. Bereits 1981, dann 1994 und dann
nochmals 2001 wurde in alte, bestehende Mietverträge – das traf im Übrigen auch
die Verträge mit Friedenszins – zulasten der Mieter:innen eingegriffen. Mittlerweile
kann so für eine Wohnung mit sehr altem Mietvertrag brutto zirka 5 Euro pro
Quadratmeter verlangt werden. Nicht unbedingt viel, aber ich könnte ihnen
vorrechnen, dass das für eine:n Vermieter:in, der/die in den 80er-Jahren im
vierten Wiener Gemeindebezirk eine Wohnung zum damaligen Marktpreis
erworben hat, auch noch eine hervorragende Rendite ist! Sie können sich
glücklich schätzen, so eine tolle Erbschaft gemacht zu haben,“ holte die
Beraterin etwas länger aus.
„Ja, ja, das stimmt schon, ich bin auch froh und die Dame, die d’rinnen wohnt,
ist auch wirklich charmant. Ich bedanke mich für die freundliche Auskunft.“
„Ist doch selbstverständlich, soweit wir sie beantworten können, beant-
worten wir gerne alle Fragen, egal wer anruft,“ schloss die AK Beraterin
und verabschiedete sich. o
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Richmond, USA
Private Zimmer
für Obdachlose
Die US-Stadt Rich-
mond, 20 Meilen von
San Francisco entfernt,
will für Obdachlose
private, leerstehende
Wohnungen mieten.
Den Vermieter:innen
wird eine Jahresmiete
im Voraus bezahlt, sie
sollen dafür auf die
üblichen Bonitätsprü-
fungen für Mieter:innen
verzichten. Auch sollen
Sozialarbeiter:innen die
Quartiergeber:innen
im Umgang mit den
Obdachlosen unter-
stützen. oNeue Bestimmungen gegen Wohnungsspekulation
AK Stadt · Seite 3 wien.arbeiterkammer.at/meinestadt