liegt wohl auf der Hand. Das kollektive Geschehen eines Arbeitskampfes kann nur auf Soli-
darität, nicht aber auf rechtlichem Zwang beruhen. Die durch das KoalG statuierte liberale
Grundhaltung der Neutralität gilt heute noch, doch könnte man, abweichend vom liberalen
Dogma, von einer aktiven Neutralität des Staates sprechen, da Beschränkungen der
Kampffreiheit, zB durch Einführung einer Zwangsschlichtung, als Einbruch in die Grund-
position unserer überbetrieblichen Arbeitsverfassung zu werten sind. Ansätze für die Positi-
vierung dieser „aktiven Neutralität“ findet man im Bereich der Arbeitsmarktförderung, der
Arbeitskräfteüberlassung, der Ausländerbeschäftigung und der Arbeitslosenversicherung.
Gem § 3 Z 10 AMFG ist eine Vermittlung von Arbeitskräften in einen von Streik oder
Aussperrung betroffenen Betrieb sowie die Vermittlung von streikenden oder ausgesperrten
Dienstnehmern unzulässig. Die Ratio dieser Bestimmung ist klar. Verhindert werden soll,
dass durch gezielte Vermittlung von Arbeitskräften das Kampfziel des Gegners vereitelt
wird.
Aus demselben Grund ist auch die Überlassung von Arbeitskräften in Betriebe, die von
Streik oder Aussperrung betroffen sind, gem § 9 AÜG untersagt. Für solche Betriebe
dürfen gem § 10 AuslBG auch keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden.
Wenn die Arbeitslosigkeit die unmittelbare Folge eines durch Streik verursachten Betriebs-
stillstandes ist, so gebührt während der Dauer des Betriebsstillstandes kein Arbeitslosen-
geld. Das Nämliche gilt für den Fall einer Aussperrung, sofern sie als Abwehrmaßnahme
gegen einen Teilstreik, eine passive Resistenz oder eine sonstige, die Fortführung der Arbei-
ten in diesem Betrieb vereitelnde Kampfmaßnahme erfolgt (§ 13 AlVG).
Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld ist ua die Arbeitswilligkeit12. Letztere
geht verloren, wenn eine zumutbare Beschäftigung ausgeschlagen wird. Gem§ 9Abs 2 AlVG
gilt die Annahme einer Beschäftigung in einem von Streik und Aussperrung betroffenen
Betrieb nicht als zumutbar.
Die ratio legis ist auch hier eindeutig. Es entspricht der Neutralität des Staates, den Arbeitskampf nicht
zu finanzieren. In Entsprechung zum AMFG, dem AÜG und dem AuslBG wird festgelegt, dass die
Beschäftigung in einem von Streik und Aussperrung betroffenen Betrieb nicht zumutbar ist. Bemer-
kenswert ist, dass eine durch Offensivaussperrung (vgl hiezu 13.4) bewirkte Arbeitslosigkeit von
§ 13 AlVG nicht betroffen wird, sodass in einem solchen Fall ein Anspruch auf Arbeitslosengeld of-
fenbar gegeben ist. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Anwendung der wenigen den Arbeitskampf
betreffenden Bestimmungen nicht von der Frage, ob der Arbeitskampf an sich rechtmäßig oder rechts-
widrig ist, abhängig gemacht werden kann13.
13.3.
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Arbeitskampfrecht
12 Vgl Gerhartl, Das Problem der Vermittelbarkeit im Arbeitslosenversicherungsrecht, ZAS 2011, 12.
13 Zum Zweck des Neutralitätsgebots vgl Schnorr, Arbeitskampf und Arbeitslosenversicherung, in Tomandl
(Hrsg), Grundlegende Rechtsfragen der Arbeitslosenversicherung (1981), insb 59.
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