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direkten Kontakte zu betriebsfremden Personen war ein guter Voraussagefaktor dafür,
wie hoch die Beschäftigten ihr Risiko einer Corona-Infektion bei der Arbeit einschätzten.
Im Durchschnitt wurde das berufliche Corona-Infektionsrisiko von rund einem Viertel
der Erwerbstätigen als eher oder sehr hoch eingeschätzt. Dabei zeigte sich ein Muster
sozialer Benachteiligung zuungunsten von Personen ohne österr. Staatsbürgerschaft.
Das Risiko wurde von den im Bereich Erziehung/Unterricht Tätigen am höchsten einge-
schätzt gefolgt vom Gesundheits- und Sozialwesen und dem Handel. Das Infektionsrisiko
wurde damit vor allem in den frauendominierten systemerhaltenden Berufen als
vergleichsweise hoch eingeschätzt (Steiber & Muttarak 2020, Steiber et al. 2020).1
Wirtschaft: Konsequenzen der Pandemie für die ökonomische Situation von Familien
Im Frühsommer 2020 mussten coronabedingt bereits rund 30% der Haushalte mit einem
geringeren Einkommen zurechtkommen (Kapitel 4). Dies betraf v.a. ökonomisch ohnehin
schon benachteiligte Gruppen (geringe Bildung, keine österr. Staatsbürgerschaft) sowie
Haushalte, die sich vor der Krise durch Einkommen aus selbstständiger/freiberuflicher
Tätigkeit finanzierten. Rund 22% der Befragten gaben im Frühsommer 2020 an, mit dem
Haushaltseinkommen nur mehr schwer zurechtzukommen. Unmittelbar vor Beginn der
Krise lag dieser Anteil noch bei rund 9%, was auf eine deutliche Ausweitung des Kreises
armutsgefährdeter Haushalte weist. Rund 17% der Haushalte mussten bereits auf
Erspartes zurückgreifen oder Schulden machen bzw. konnten rund 9% der Haushalte
ihre Fixkosten nicht mehr decken und Rechnungen nicht mehr termingerecht bezahlen.
Um auch Familien in dieser Krise finanzielle Hilfestellung zu geben, wurde der Corona-
Familienhärtefonds eingerichtet. Die Studie schätzt, dass die Anspruchsvoraussetzungen
für Hilfe aus dem Familienhärtefonds (zumindest ein Elternteil coronabedingt arbeitslos
oder in Kurzarbeit) von rund einem Drittel der Familien mit minderjährigen Kindern
erfüllt wurden. Diese Familien zeigten sich stark durch Armutsgefährdung betroffen.
Die Studie resümiert, dass im Frühsommer 2020 bereits ein großer Teil der in Österreich
lebenden Familien, insbesondere jene mit Kindern, direkt und teilweise stark von den
wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise betroffen waren. Über manifeste finanzielle
Einbußen hinausgehend bestanden in vielen Familien Sorgen, durch die Corona-Krise in
eine finanzielle Schieflage zu geraten. Rund ein Viertel der Bevölkerung machte sich
große Sorgen um ihre finanzielle Zukunft (Werte 7-10 auf einer Sorgenskala von 0-10),
wobei sich hier v.a. Personen mit niedriger Bildung, Eltern, Personen im Alter von unter
60 Jahren, selbständig Erwerbstätige sowie Personen ohne Partner betroffen zeigten.
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1 Steiber, N./Muttarak, R. (2020): Occupational Covid-19 hazard in Austria: Are women really more exposed?
www.oeaw.ac.at/fileadmin/subsites/Institute/VID/PDF/Conferences/2020/COVID19/Slides/4_2_Steiber_WIC2020.pdf
Steiber, N., Liedl, B., und Molitor, P. (2020): Infektionsrisiko am Arbeitsplatz: Das Risiko für eine Corona-Infektion ist
ungleich verteilt. A&W Blogbeitrag 19.11.2020: https://awblog.at/infektionsrisiko-am-arbeitsplatz-ungleich-verteilt/