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2 EINLEITUNG
Unser Konsumverhalten ist wie die kapitalistische Wirtschaftsweise gekennzeichnet durch Wachs-
tum. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat die Menge an konsumierten Gütern und Dienstleis-
tungen ein Ausmaß erreicht, angesichts dessen die negativen ökologischen wie sozialen Folgewir-
kungen immer offensichtlicher wurden und ein gesamtgesellschaftliches Umdenken sowie politische
Eingriffe zum Schutz der natürlichen Ressourcen für kommende Generationen notwendig machen.
Der aktuelle Überkonsum führt in vielen Bereichen zu immer kürzeren Nutzungsdauern, die durch
verschiedene Faktoren – wie z.B. Defekte, Produktvariationen, Produktinnovationen, kürzere Mo-
dezyklen (Cooper 2004; Prakash et al. 2016; Wieser & Tröger 2014), aber auch durch Bedeutungs-
zuschreibungen in der Nutzung (Hipp & Jaeger-Erben 2021) – angetrieben werden. Kurze Nutzungs-
dauern und der entsprechende Mehrbedarf an produzierten Gütern haben klimaschädigenden Ein-
fluss wie bspw. Analysen des EEB (2019) und Rüdenauer & Prakash (2021) zeigen und bedeuten
für die Haushalte zudem eine erhebliche finanzielle Belastung. Eine Verlängerung der Nutzungs-
dauer von Konsumgütern ist vor diesem Hintergrund erstrebenswert. Auf der Nutzungsseite können
Konsument*innen mangelnde Produktqualität jedoch kaum oder nur selten kompensieren, sodass
die Verantwortung hinsichtlich längerer Nutzungsdauern nicht alleinig den Konsument*innen zuge-
schrieben werden darf (Grunwald 2018). Es bedarf vielmehr struktureller Rahmenbedingungen, in
denen Qualität, Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten geregelt und gefördert wird.
Mit der Klimakrise ist auch der Ressourcenverbrauch durch Konsumgüter in den letzten Jahren im-
mer stärker in den politischen Fokus gerückt, weswegen bereits Schritte zur Eindämmung kurzer
Lebens- und Nutzungszyklen gesetzt wurden bzw. sich in Planung befinden. Mit der Veröffentlichung
des zweiten Kreislaufwirtschaftspakets im Frühjahr 2020 (Europäische Kommission 2020) wurden
nach dem ersten Paket 2015 (Europäische Kommission 2015) weitere Schritte der Europäischen
Kommission in Richtung nachhaltiger Produktpolitik gesetzt. Ziel ist dabei vor allem die Förderung
der Langlebigkeit sowie die Reparierbarkeit von Produkten und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen.
Auch im österreichischen Regierungsprogramm wurden Anfang 2020 zum ersten Mal Ziele hinsicht-
lich Förderung der Nachhaltigkeit von Produkten und Maßnahmen gegen Obsoleszenz verankert
(Österreichische Bundesregierung 2020). Erste Schritte wurden 2020 mit der Mehrwertsteuersen-
kung auf bestimmte Reparaturdienstleistungen gesetzt – weitere Schritte sind jedoch notwendig.
Eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie befindet sich in Ausarbeitung (Stand Frühjahr 2021).
Auch die Kreislaufwirtschaftsstrategie der Kommission befindet sich (Stand Frühjahr 2021) in der
Phase der Auslotung und Entwicklung weiterer geeigneter Instrumente zur Förderung nachhaltiger
Produkte. Noch ist unklar, welche konkreten Schritte gesetzt werden und wie diese von den Konsu-
ment*innen akzeptiert werden. Dieser Bericht soll daher einen Teil dieser Fragen untersuchen und
als weitere Grundlage für evidenzbasierte politische Maßnahmen dienen.
Zur langfristigen Vergleichbarkeit und zur Abschätzung und Messung der Effektivität angestrebter
und gesetzter Maßnahmen braucht es Daten, um Effekte künftig besser messen und vergleichen zu
können. Die periodische Erhebung relevanter Kriterien wie bspw. der Nutzungsdauer liefert die
Grundlage zur Formulierung von Benchmarks und zur Beobachtung von Veränderungen und den
Effekten politischer Regelungen über die Zeit und deren Effekte auf der Mikroebene der Konsu-
ment*innen, die je nach Lebenssituation sehr unterschiedlich ausfallen können. Es gilt dabei die
relevanten Eigenschaften zu erfassen: von Produkten (Qualität, Nutzungsdauer, Energieeffizienz-
klasse, Technologiestandard („smart“), Marke, Preis u.a.) sowie Eigenschaften der Haushalte und
der Konsument*innen (wie die soziale Lage, individuelle Rahmenbedingungen und Ereignisse, z.B.
Umzug, Wohnverhältnisse) sowie weitere individuelle Erfahrungen (z.B. mit Defekten und Repara-
turen), die einen Einfluss auf den (frühzeitigen) Ersatz von Gütern haben können.