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Die
Personenioriferhöhung
der Bundesbahnen
ZENTRALORGAN DES ÖSTERREICHISCHEN GEWERK5CHÄFTSBUNDES
12. OKTOBER 1953 / NR. 201 PREIS 25 GROSCHEN
0GB für
Am 27. September hielt Präsident
Böhm in Klagenfurt eine Rede
über aktuelle Wirtschaftsfragen, .die in
der Öffentlichkeit und in der Presse
regen Widerhall fand. Wir veröffent¬
lichen einen Auszug aus dieser Rede.
Die inflationistische Entwicklung
der Nachkriegsjahre scheint nun
endgültig überwunden zu sein.
Auch die Angleichung des
Schillings an die ausländi¬
schen Währungsverhältnisse wur¬
de durchgeführt, ohne daß es zu
wesentlichen Schwierigkeiten ge¬
kommen ist. Alle Befürchtungen,
daß diese Angleichung zu einer
neuen Teuerungswelle und aber¬
mals zu einer inflationistischen
Entwicklung führen könnte, haben
erweise nicht be-
?h ist es dadurch zu
keiner nennenswerten Erhöhung
der Lebenshaltungskosten in Öster¬
reich gekommen.
Die österreichische Industrie
ist durch die Angleichung auf dem
Weltmarkt konkurrenzfähi¬
ger geworden und man hat die
verschiedenen Kunststücke zur
Durchführung des Exports nun
nicht mehr nötig.
Der Export konnte in letzter
Zeit wesentlich gesteigert werden.
Dazu kommt die glänzende F r e m-
de ix Verkehrskonjunktur
des heurigen Jahres, so daß die De¬
visenbestände der Nationalbank
erfreulicherweise gesteigert .wur¬
den.
Die Sorge, was man nun mit
den fünf Milliarden Devisen an¬
fangen solle, ist jedoch keines¬
wegs gerechtfertigt. Der Großleil
der Devisen midi weiterhin zur
Bezahlung der Einfuhren ver¬
wendet werden.
Man hat. keine Garantie, daß der
Fremdenverkehr der kommenden
Jahre ebenso günstig ausfallen
wird wie heuer. Die Importe wer¬
den sicher nach den Zeiten der
Drosselung und dem Verbrauch der
Vorräte wieder steigen. Außerdem
muß bedacht werden, daß für das
nächste Jahr mit keinen Zuschüs¬
sen aus der Marshall-Plan-Hilfe
mehr zu rechnen ist, die heuer im¬
merhin noch 30 Millionen Dollar
oder 750 Millionen Schilling be¬
trugen.
Auch weiterhin Besatiungslasten
Bald wird sich Österreichs Be¬
völkerung ihr Leben aus dem Er¬
trag ihrer eigenen Wirtschaft
sichern müssen. Diese Überlegung
muß um so mehr beachtet werden,
als wohl die Hilfe des Auslandes
.sich glückiicl-
wahrheitet. Au
Arbeitsbeschaffung
Von Präsident Johann Böhm
aufhört, nicht jedoch das B e-
s a t z u n g s r e g i m e, so daß es
jeder Besatzungsmacht freisteht,
der österreichischen Wirtschaft ne¬
ben der sichtbaren Entnahme, die
nun allerdings mit Beginn des Jah¬
res 1954 aufhört, durch die unsicht¬
baren Entnahmen Schaden zuzu¬
fügen. In einer Zone betragen sol¬
che Entnahmen oft ein Vielfaches
der Besatzungskosten.
Allein in der russischen Zone
sind 280 Groß- und Mittelbetrie¬
be in fremden Händen, für die oft
keine Steuern bezahlt werden
und deren Produkte exportiert
werden, ohne daß Devisen dafür
eingenommen werden.
Alle diese Passivposten, die bis¬
her durch die ausländische Hilfe
nur zum Teil aufgewogen wurden,
werden aber weiter in Österreichs
Haushalt aufscheinen.
Eine große Sorge bildet die Ge¬
fahr eines Wiederansteigens der
Arbeitslosigkeit, die aller¬
dings von 285,000 auf rund 130.000
gesenkt werden konnte. Auch diese
Zahl ist aber noch viel zu hoch,
als daß wir sie auf die Dauer er¬
tragen könnten. Als die Arbeits¬
losigkeit 14 Prozent aller Beschäf¬
tigten betrug, war der Aus¬
druck „Vollbeschäftigung" nicht
mehr berechtigt, Vollbeschäftigung
herrscht, wenn höchstens fünf Pro¬
zent der Beschäftigten arbeitslos
sind.
Bisher wurden die Auslandhilfe
und das Steueraufkommen zur
Finanzierung von großen I n-
vestitionen herangezogen.
Wenn die Auslandhilfe aufhört
und andererseits eine Steuersen¬
kung verlangt wird, so entsteht die
Frage, aus welchen Mitteln die Ar¬
beitslosigkeit nunmehr bekämpft
werden soll, >
Die inflationistische Entwick¬
lung darf nie mehr einreißen!
Mantdye eines Dieselmotors in einer AolnrepaiaturwerkstaUe.
Die Sorge um die Wiedererlan¬
gung der Vollbeschäftigung soll
nicht nur den ÖG3, sondern das
ganze Land beschäftigen.
Der Arbeitslose lebt ja — wenn
auch ohne seine Schuld — auf Ko¬
sten der in Beschäftigung stehen¬
den Staatsbürger.
Steigerung der Konsumgüter'
Industrie
Die Lösung der Aufgabe liegt in
der Beschaffung großer
Arbeiten, wie dem Ausbau der
Wasserkräfte und der Verbesserung
des Straßennetzes sowie der
Wohnbautätigkeit. Der Wiederauf¬
bau unseres Landes hat nach dem
Krieg einen besonderen Einsatz
des Baugewerbes erfordert und
man muß sich im klaren sein, daß
in Zukunft das Baugewerbe zum
Teil überdimensioniert sein wird.
Das Ausmaß der Bautätigkeit der
letzten Jahre kann auf die Dauer
nicht aufrechterhalten werden.
Für die in der Bauwirtschaft
dann überschüssig werdenden
Kräfte müssen rechtzeitig Arbeits¬
plätze gesucht werden. Diese sind
nur dadurch zu gewinnen, daß die
Konsumgüterindustrie gesteigert
wird. Der Absatz der Konsumgüter
wieder kann nur durch erhöhten
Export oder durch erhöhten Ver¬
brauch, oder noch besser durch
beides, erreicht werden. Die Er¬
höhung des Verbrauches kann nur
durch Senkung der Preise infolge
höherer Produktivität erzielt wer¬
den, denn eine Lohnsteigerung
ohne eine Leistungssteigerung
würde Österreichs Wirtschaft nur
in eine inflationistische Entwick¬
lung hineintaumeln lassen.
Kein Volk kann auf die Dauer
mehr verbrauchen als es erzeugt.
Dies ist eine Binsenweisheit.
Nur Produktivitäts¬
steigerung allein kann den
Lebensstandard heben. Der Ver¬
brauch kann jedoch nur er¬
höht werden, wenn Hand in
Hand mit der Produktivitäts¬
steigerung eine Preissen¬
kung durchgeiührt wird.
Der Gewerkschaftsbund ist für
die Produktivitätssteigerung, aber
es muß sichergestellt werden, daß
der Erfolg zweckentsprechend ver¬
wendet wird. Deshalb erhebt der
Gewerkschaftsbund die Forderung
nach Mitarbeit und Kontrolle.
Es ist zu befürchten, daß der
Höchststand an Beschäftigten im
heurigen Jahr bereits überschritten
wurde und im Herbst die Arbeits¬
losigkeit wieder ansteigen
wird. Wir sind gegen eine
Kürzung der Investitio¬
nen, weil sie steigende Arbeits¬
losigkeit bedeuten würde. Im Vor
dergrund der Investitionen müssen
(Fortsetzung auf Seite 2)
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