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oder am Schreiblisch schon
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Vbb
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ZENTRALORGAN OES ÖSTERREICHISCHEN GEWERKSCHAFTSBUNDES
26. OKTOBER 1953 / NR. 202 PREIS 25 GROSCHEN
Arbeit und Brot für alle! und Bekenntnis
Eine Entschließung des Vorstandes des ÖGB
Am 15. Oktober befaßte sich der
Vorstand des ÖGB nach einem Referat
von Präsident Böhm mit der wirt-
schattlichen Lage und nahm mit den
Stimmen der sozialistischen und der
christlichen Fraktion gegen die Stim¬
men der kommunistischen Fraktion eine
Entschließung an, in der es heißt:
Die gemeinsame Konferenz des
Vorstandes des österreichischen
Gewerkschaftsbundes und der
Präsidenten der Arbeiterkammern
vom 15. Jänner 1953 hat auf
Grund der damaligen katastro¬
phalen Arbeitslosenzahl
von mehr als 280.000 der Regie¬
rung ein Programm vorgelegt,
dessen Durchführung die Wieder¬
errichtung der Vollbeschäf¬
tigung ermöglicht hätte.
Der Vorstand des Österrei¬
ch'sehen Gewerkschaftsbundes
stellt fest, daß die teilweise Er¬
füllung seines Programms dazu
beigetragen hat, daß der Höhe¬
punkt der Arbeitslosigkeit über¬
wunden wurde. Dennoch be¬
trägt die Zahl der gegenwärtig
vorgemerkten Arbeitsuchenden
am 30. September 1953 noch
immer fast 130.000.
Die Zahl der Beschäftigten ist
trotz des Zustroms starker Jahr¬
gänge Schulentlassener im Durch¬
schnitt noch immer um 64.000
niedriger als im Jahre 1951.
Die gegenwärtig schlechte A r-
beitsmarktlage wird im
kommenden Winter noch bedeu¬
tend verschärft werden. Es ist
derzeit nicht abzusehen, welches
Ausmaß die Arbeitslosigkeit an-
nehmen wird. Nicht nur, daß im
Baugewerbe und in der Landwirt¬
schaft die Arbeitslosigkeit saison¬
bedingt stark steigen wird, werden
der Rückgang der Investitionen
aus den Mitteln der Auslandshilfe
und der fortschreitende Zu¬
sammenbruch der USIA-Betriebe
wesentlich größere Arbeitslosen¬
zahlen bringen, wenn nicht durch
eine kluge Wirtschaftspolitik der
Umfang der Investitionen wieder
gehobe i wird und neue Dauer¬
arbeitsplätze geschaffen werden.
Maßnahmen
gegen Winterarbeitslosigkeit
Der Gewerkschaftsbund begrüßt
es daher, daß im Bundes¬
haushalt 1954 nicht weniger
als 15 Prozent der gesamten
Budgetsumme für Investi¬
tionszwecke bereitgestellt
sind. Diese Beträge werden aber
erst im Jahre 1954 wirksam. Der
österreichische Gewerkschafts¬
bund erwartet daher von der
Bundesregierung, daß durch zu¬
sätzliche Maßnahmen die dro¬
hende Winterarbeits¬
losigkeit bekämpft wird.
Zu diesem Zweck ist es not¬
wendig, begonnene und ge¬
plante große Investitionspro¬
jekte des Bundes und der Ge¬
bietskörperschaften, wie den
Ausbau der heimischen Wasser¬
kräfte, die Elektrifizierung und
die Erneuerung des Oberbaues
sowie des Fahrparkes der
Bundesbahnen, den Ausbau des
Straßennetzes und die Mechani¬
sierung der Landwirtschaft, in
einem größeren Ausmaß und
planmäßiger als bisher fortzu¬
führen.
Im besonderen Ausmaße lenkt
der österreichische Gewerk¬
schaftsbund die Aufmerksamkeit
der zuständigen Stellen auf die
Fertigwaren- und Export¬
industrie sowie auf eine not¬
wendige Produktivitäts¬
steigerung, die unter Mit¬
wirkung der Gewerkschaften so
durchgeführt werden muß, daß sie
zur Hebung des allgemeinen
Lebensstandards und zur Siche¬
rung und Vermehrung von Ar¬
beitsplätzen führt.
Gleichzeitig müßte eine weitere
Senkung der Kredit¬
kosten für langfristige Investi¬
tionskredite wie auch für mittel¬
fristige Betriebsmittelkredite durch¬
geführt werden. Zur Ausweitung
der bestehenden und zur Schaf¬
fung neuer Betriebe in den Not¬
standsgebieten müßte die öffent¬
liche Hand für Investitions¬
kredite die Garantie über¬
nehmen.
Wohnungen für die Jugend
Die günstige Zahlungsbilanz, der
stabile Geldwert und das bedeu¬
tende Sparvolumen ermöglichen
eine konstruktive Kon¬
junkturpolitik ohne Ge¬
fährdung der Währung und des
Preisniveaus.' Der Vorstand des
österreichischen Gewerkschafts¬
bundes macht die Bundesregie¬
rung mit allem Nachdruck darauf
aufmerksam, daß die derzeitige
Entwicklung auf dem Kreditsektor
(Fortsetzung auf Seite 3)
Diskussion — eine der Grundlagen der Demokratie! Unser Bild zeigt eine
Gruppe von Gewerkschaftern der österreichischen Bundesbahnen in Wien-
Floridsdorf.
Zum 60-jährigen Jubiläum der
österreichischen Gewerkschafts¬
bewegung sind, gerade rechtzei¬
tig, zwei Bücher erschienen, die
den Aufstieg des arbeitenden Men¬
schen in unserem Lande zum In¬
halt haben. Es sind zwei grundver¬
schiedene Bücher, aber sie sind
beide gleichermaßen Rückschau und
Bekenntnis, Rückschau auf eine
stolze Vergangenheit der österrei¬
chischen Gewerkschafisbewegung
und Bekenntnis zur unüberwind¬
lichen, sieghaften Idee des gewerk¬
schaftlichen Zusammenschlusses.
In dem Buch „Erinnerungen aus
meinem Leben" von Johann Böhm
schildert der Maurerlehrling und
Bauarbeiter von einst und Präsi¬
dent des österreichischen Gewerk-
schafisbundes von heute seinen
Lebensweg. Das andere Buch ist
der 2. Band des großen Standard¬
werkes „Die österreichischen Ge¬
werkschaften" von Fritz K I e n-
n e r, dem Chefredakteur unserer
„Solidarität". Beide Bücher sind im
Verlag des österreichischen Ge¬
werkschaftsbundes erschienen. Zum
2. Band des Werkes „Die öster¬
reichischen Gewerkschaften" hat
der Generalsekretär des ÖGB,
Nationalrat Anfon P r o k s c h, ein
Vorwort geschrieben.
Mit diesem 2. Band ist das Ge¬
schichtswerk abgeschlossen, das
eine Art Nachschlagewerk ist,
gleichzeitig aber auch ein doku¬
mentarisches Zeugnis für den leid¬
vollen, doch erfolgreichen Aufstieg
der österreichischen Arbeiterschaft
darstellt. Dieser Band enthält die
Geschichte der Freien Gewerk¬
schaften vom Jahre 1928 bis zum
Jahre 1934 und die der illegalen
Gewerkschaftsbewegung, die Ent¬
wicklung der christlichen, naiio-
nalen und unpolitischen Gewerk¬
schaftsorganisationen und gibt
auch einen Überblick der Ereig¬
nisse von 1945 bis zum Beginn des
Jahres 1953 und nimmt schließlich
zu den Gegenwartsproblemen Stel¬
lung. Außerdem ist ein Stammbaum
der Gewerkschaften, eine Zeittafel,
ein Sach- und Namensregister so¬
wie ein Literaturverzeichnis für
beide Bände angefügi. Dieser An¬
hang erleichtert das Nachschlagen
und Auffinden bestimmter Ereig¬
nisse aus der Gewerkschafts¬
geschichte und macht das Werk zu
einem unentbehrlichen Helfer für
den Gewerkschaftsfunktionär, in
dem er Aufschluß über alle Ent¬
wicklungsphasen der Gewerk¬
schaftsbewegung findet.