fest frei von Hunger und Kälte und
überstrahlt vom müden Lichte eines
bescheidenen Christbaumes zu si¬
chern.
Noch sind viele Ziele nicht er-
reidit, noch gibt es unerfüllte Wün¬
sche, und noch sind nicht alle Men¬
schen eines guten Willens, aber
trotzdem sollen wü, gerade im Frie¬
den der Weihnachtszeit, die bishe¬
rigen Erfolge anerkennen und uns
vornehmen, mit gutem Willen und
nach besten Kräften in unserer ge¬
werkschaftlichen Organisation mit¬
zuarbeiten, daß es besser werde
— von Weihnacht zu Weihnacht.
f. n.
(Fortsetzung von Seite 1)
Produktivitätssteigerung auf
schmaler Grundlage
Von dem ganzen, großen und sehr
hoffnungsvoll aussehenden Projekt
bleibt also auf dem Sektor der ge¬
werblichen .Wirtschaft nur die Kredit-
gewährung für einige wenige volks¬
wirtschaftlich besonders wichtige
Projekte zurück.
Vom gewerkschaftlichen Stand¬
punkt ist aber die Abwicklung auch
dieser wenigen Projekte von Inter¬
esse.
Der Grundgedanke bei der Pro¬
duktivitätssteigerung war und ist,
dal! die Produktivitätsgewinne in
einem wirtschaftlich angemessenen
Verhältnis zwischen Arbeitnehmer,
Unternehmer und Konsumenten ge¬
teilt werden sollen.
Der Unternehmer soll mit den
Mehrgewinnen Investitionen durch¬
führen, seine Rohstofflager ver¬
größern, Lizenzen erwerben, das Be¬
triebskapital erhöhen und so weiter,
dde Arbeitnehmer sollen Produktivi¬
tätsprämien erhalten und die Preise
sollen für den Konsumenten gesenkt
werden
Diese Ziele sollen in der Form er¬
reicht werden, daß Unternehmer, die
sich mit dem Gedanken tragen, einen
Produktivitätskredit in Anspruch zu
nehmen, sich an das österreichische
Produktivitätszentrum wenden, um
von dort betriebswirtschaftliche Rat¬
schläge einzuholen, Betriebsunter¬
suchungen ansteilen und bei der Ab¬
teilung für wirtschaftliche Koordi¬
nation des Bundeskanzleramtes (des
früheren ERP-Büros) einen Kredit¬
antrag befürworten .zu lassen.
Ehe die Vorarbeiten abgeschlos¬
sen sind, wird den Betriebsräten
Gelegenheit gegeben werden, ihre
Auffassungen zu vertreten. An den
Verhandlungen zwischen den Be¬
triebsleitungen und der Belegschaft
werden sich auch die Vertreter der
zuständigen Gewerkschaften beteili¬
gen.
Bei dieser Gelegenheit werden end¬
gültige Abkommen über die Vertei¬
lung der Produktivitätsgewinee ge¬
schlossen. Ehe formell abgeschlossen
wird, sind nochmals die zuständigen
Gewerkschaften und die Interessen¬
vertretungen der Unternehmer zu
konsultieren. Das Ergebnis der Ver¬
handlungen wird dann in Form eines
Anhanges zur Arbeitsordnung nieder¬
gelegt und von den Verhandlungs¬
partnern unterzeichnet. Nun kann die
Produktivitätsaktion wirklich durch¬
geführt werden.
Die Beträge, die für Forschung und
Wirtschaftsentwicklung zur Verfü¬
gung stehen, werden vor allem für
volkswirtschaftlich wichtige Projekte
verwendet werden müssen, wie für
Braunkohlebrikettierung, einen Kon¬
sumentenberatungsdienst, für Zweck¬
forschung in den entwicklungsfähigen
Bereichen unserer Industrie, und
schließlich müssen auch die Gelder,
die für die Landwirtschaft zur Ver¬
fügung gestellt werden, so einge¬
setzt werden, daß mit ihnen eine
höhere Produktivität in der Landwirt¬
schaft, das heißt, niedrigere Preise für
die Konsumenten erreicht werden.
H. K.
Das Jugendemstellungsgesefz
Nach den vom Nationalrat angestellten Berechnungen sollte durch das
Jugendeinsteliungsgesetz in ganz Österreich eine zusätzliche Einstellung von
23.000 Jugendlieben erreicht werden. Es ist derzeit noch zu früh, Schlüsse
über den wirklichen Erfolg des Gesetzes ziehen zu können, da sämtliche hie-
für in Betracht kommenden statistischen Erhebungen erst im Frühjahr er¬
folgen werden. Um jedoch jetzt bereits einen gewissen Überblick über die Aus¬
wirkungen des Gesetzes zu erlangen, haben vor kurzem die Gewerkschaften
in einer Tagung über ihre Erfahrungen berichtet. Hiebei wurde allgemein
festgestellt, daß auf Grund des Gesetzes zweifellos eine gewisse Entlastung
des Arbeitsmarktes der Jugendlichen erreicht werden konnte. So wurden
zura Beispiel von Juli bis September 1953 durch das Arbeitsamt Wien rund
8000 Lehrlinge gegenüber 5000 im selben Zeitraum des Vorjahres vermittelt.
In Vorarlberg stehen 174 offenen Lehrstellen 141 vorgemerkte Lehrlinge
gegenüber.
Nach den Berichten scheinen also
die bisherigen Auswirkungen des Ge¬
setzes in den Bundesländern ver¬
schieden zu liegen. Die Gewerk¬
schaften machten jedoch gleichzeitig
darauf aufmerksam, daß die von vorn¬
herein bei den Diskussionen über das
Jugendeinstellungsgesetz aufgewor¬
fene Frage, ob nicht durch die Ein¬
stellung von Jugendlichen eine Ge¬
fährdung der Arbeitsplätze der Er¬
wachsenen eintreten könnte, nunmehr
bereits aktuell zu werden beginnt.
An diesem Problem wird sich über
kurz oder lang der gesamte Wert des
Jugendeinstellungsgesetzes zeigen.
Ungünstige Auswirkungen müssen
verhindert werden
Gelingt es, die Unternehmungen
dahin zu bringen, die Jugendeinstel¬
lung als eine zusätzlich übernommene
Pflicht zur Bewahrung der schul¬
entlassenen Jugend vor Arbeitslosig¬
keit und deren schädlichen Folgen
aufzufassen, wird das Gesetz als Er¬
folg betrachtet werden können.
Gehen jedoch die Unternehmun¬
gen dazu über, zwar einerseits
wohl der Jugendeinstellungspflicht
zu entsprechen, aber anderseits hie-
für nicht zusätzliche Arbeitsplätze
zu schaffen, sondern erwachsene
Arbeitnehmer abzubauen, geht der
eigentliche Wert des Gesetzes ver¬
loren. Um die Wirkungen des Ge¬
setzes nicht in sein Gegenteil zu
verkehren, werden die Betriebsräte
und alle gewerkschaftlichen Ver¬
trauensmänner auf dem Platz ste¬
hen müssen.
Neben den Arbeitsmarktproblemen
der Erwachsenen zeigt das Jugend-
einstellungsgesetz noch eine andere
kaum bedachte Auswirkung, die sei¬
nen Wert für die kommenden Jahre
wesentlich herabmindert. Die Unter¬
nehmungen sind bestrebt, um mög¬
lichst wenig Wechsel in ihrem
jugendlichen Personal zu haben, ihrer
Einstellungsverpflichtung durch Auf¬
nahme von knapp 14jährigen nach¬
zukommen.
Diese neueingestellten Jugendlichen
werden dem Betrieb somit für die
nächsten Jahre auf die Schlüsselzahl
angerechnet, da als Jugendliche alle
Personen bis zum vollendeten 18. Le¬
bensjahr gelten, so daß, im allgemei¬
nen gesehen, kaum zu rechnen ist,
daß in den nächsten zwei bis drei
Jahren das Jugendeinsteliungsgesetz
eine nennenswerte Anzahl neuer
Arbeitsplätze bringen wird. Nach
einer jüngst vom Sozialministerium
verlautbarten Zahl sind derzeit bei
den Arbeitsämtern noch zirka 30.000
als arbeitsuchend gemeldet. Im kom¬
menden und im nächstfolgenden Jahr
1960 gibt es bereits um 43.000 weni¬
ger Schulentlassene als 1954.
wird die Zahl der Schulabgänger
gegenüber diesem Jahr noch etwas
ansteigen.
Lehrling — nicht Hilfsarbeiter
Zu den nicht vorhergesehenen Aus¬
wirkungen des Jugendeinstellungs-
gesetzes tritt noch hinzu, daß zahl¬
reiche Unternehmungen, ja sogar
ganze Industriezweige dazu über¬
gehen, an Stelle der bisher verwende¬
ten angelernten Jugendlichen nun¬
mehr Lehrlinge einzustellen. So be¬
grüßenswert an sich dieser Wechsel
ist,' da grundsätzlich die Gewerk¬
schaften für eine Vermehrung der
Lehrplätze eintreten, um den Ausge-
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130
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1951 52 53 54 55 56 57 58 59 1980
Die Zahl der Jugendlichen nimmt ab
1957 bedeutend ab, die Zahl der über
60jährigen aber wesentlich zu.
lernten eine bessere Konkurrenzfähig¬
keit auf dem Arbeitsmarkt zu ver¬
mitteln, wird in diesem Falle die
Haltung der Unternehmungen doch
problematisch. Es ist kaum zu erwar¬
ten, daß die neu eingestellten Lehr¬
linge zu wesentlich anderer Tätigkeit
herangezogen werden als bisher die
angelernten Jugendlichen.
Während jedoch die Angelernten
einen ihrer Arbeitsleistung entspre¬
chenden Lohn erhielten, gebührt
den Lehrlingen nur eine im allge¬
meinen nicht bedeutende Lehrlings¬
entschädigung. Am deutlichsten
wird diese einfache Rechnung der
Unternehmungen bei jenen Wirt-
schafls- und Industriezweigen, die
nunmehr zur Neueinführung von
Lehrberufen übergehen wollen, in
denen bisher niemals Lehrlinge ver¬
wendet wurden.
So hat unter anderem die Bundes¬
innung der Fensterputzer den Ver¬
such unternommen, den Fensterput¬
zerlehrling einzuführen, der nunmehr
nach Meinung der zuständigen Innung
eine dreijährige Lehrzeit benötigt —
selbstverständlich lediglich unter der
Bezahlung einer Lehrlingsentschädi¬
gung —, um gediegenes Fensterputzen
bewerkstelligen zu können. Es sei hier
denn doch mit aller Deutlichkeit
festgestelit, daß alle diese Bestrebun¬
gen noch klarer als die bisher
von den Gewerkschaften vorgebrach¬
ten Argumente nachweisen, daß all
das Gerede der Unternehmer von der
kostspieligen Lehrlingshaltung aus
der Luft gegriffen ist.
Die bisherigen Erfahrungen be¬
stätigen, daß zur Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit das bisher
vom Nationalrat verabschiedete Ju¬
gendeinsteliungsgesetz bei weitem
nicht ausreicht und bereits in näch¬
ster Zeit weitere Maßnahmen ge¬
troffen werden müssen. Die Gewerk¬
schaften können auf bereits vor
Jahren vorgelegte konkrete Vor¬
schläge hinweisen.
..Wachstumsschwierigkeiten“
In der Zeit vom 19. bis 31. Okto¬
ber hielten sich 24 kommunistische
Gewerkschafter aus Österreich in
Ostdeutschland auf, um nach ihrer
Rückkehr über die großartigen Ver¬
hältnisse in diesem Lande zu berich¬
ten. In einer gemeinsamen Erklärung
schildern sie ihre überwältigenden
Eindrücke aus dem ostdeutschen „Ar¬
beiterparadies". Nur an einer ein¬
zigen Stelle dieser Erklärung erwäh¬
nen sie verschämt, daß es auch „ver¬
schiedene Mängel und Fehler" gibt.
Auf diese wird dann gar nicht näher
eingegangen, sondern es wird nur er¬
klärt, daß sie auf „Wachstumsschwie¬
rigkeiten" zurückzuführen seien.
Um dem Gedächtnis der Reiseteil¬
nehmer etwas nachzuhelten, ist man
genötigt, das Organ des ostdeutschen
kommunistischen Gewerkschaftsbun¬
des, die „Tribüne", vom 13. Novem¬
ber, heranzuziehen. Da heißt es in
einem Artikel, daß ein Teilnehmer
der österreichischen Delegation, über
seine Eindrücke befragt, unter ande¬
rem folgendes wörtlich gesagt habe:
„Im Pierdestall des Volkseigenen
Gutes Greppin liegen die Tiere, weil
ein Holzrost fehlt, auf dem Stein¬
boden. Hiedurch können die Pferde
krank werden. Der junge, bestimmt
sehr tüchlige Betriebsleiter sagte mir,
daß es bisher noch nicht möglich
war, das nolwendige Holz zu erhal¬
ten. Ich kann mir wirklich nicht vor¬
stellen, daß in der ganzen DDR nicht
ein paar Bretter aufzutreiben sind,
um wertvolles Tiermaterial vor
Krankheil zu schützen."
Auf einer Mitte November abgehat»
tenen Tagung berichtet der ost¬
deutsche Minister für Energieversof^
gung, Selbmann, über die Zusammen¬
brüche des Verbundnetzes, die in
Ostdeutschland noch immer zu den
alltäglichen Erscheinungen gehören:
„Da sich der Strombedarf in wenigen
Abendstunden zusammendrängt, mu߬
ten große Teile der Stromabnehmer
in der Industrie sowohl als auch in
der Bevölkerung von den Abschal¬
tungen betroffen werden."
Der Arbeiter A. Kirchhof aus Holz¬
hausen wäre, wie aus einer Leser¬
zuschrift der „Tribüne" zu entnehmen
ist, schon froh, wenn er wenigstens
auf seinem Fahrrad Licht hätte, um
in der Dunkelheit etwas weniger ge¬
fahrvoll fahren zu können. Er
schreibt: „Ich habe einen weiten Weg
zu meiner Arbeitsstelle und bin des¬
halb auf mein Fahrrad angewiesen.
Seit einiger Zeit versuche ich, einen
Dynamo für meine Fahrradlampe zu
bekommen, doch meine Bemühungen
waren bisher ergebnislos. Überall er¬
halte ich die Auskunft, daß es keine
zu kauten gibt .“
über solche „Wachstumsschwierig¬
keiten" wußte die Delegation nach
ihrer Rückkehr aus Ostdeutschland
nichts zu berichten. Vielleicht aber
sollte die Bezeichnung „Wachstums¬
schwierigkeiten" nur andeuten, daß
die Schwierigkeiten, denen sich
Wirtschaft und Bevölkerung in Ost¬
deutschland gegenübersehen, dank
der verfehlten Politik immer mehr an
Wachstum zunehmen.
Seite 2 Nr. 206 SOLIDARITÄT