Die Neugestaltung der Rentenversicherung
Von Dr. Reinhdd Melos, Direktor des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger
Der wesentliche Fortschritt des Entwurfes zur Neugestaltung der Renten¬
versicherung liegt darin, daß er unter Wahrung der in der Angestellten- und
in der Bergarbeiterversicherung bestehenden Sondereinrichtungen einheit¬
liches Rentenrecht für Arbeiter, Angestellte und Bergarbeiter schafft.
Die für die Versicherten wichtigste gen hat eine Erhöhung der Beitrags-
• . -t»?_ Dor-ito hra- ofnnahmpn ripr SJny.ialvprsirhpninfi 7.nr
'"Frage ist: Wovon wird die Rente be¬
rechnet und wie wird die Rente be¬
rechnet? Die Regierungsvorlage sieht
zwei Bemessungsgrundlagen vor, wo¬
bei jeweils jene angewendet werden
soll, die für den Versicherten gün¬
stiger ist'. Die eine Bemessungsgrund¬
lage ergibt sich aus dem Durchschnitt
der Beitragsgrundlagen in den letzten
fünf Jahren vor Eintritt dejj Versiche¬
rungsfalles. Die zweite Bemessungs¬
grundlage ist der Durchschnitt der
Beitragsgrundlagen in den nach Voll¬
endung des 45. Lebensjahres liegen¬
den fünf Jahren.
Diese Wahlmöglichkeit ist für den
Versicherten deshalb günstig, weil er¬
fahrungsgemäß um das 45. Lebensjahr
bei Arbeitern und Angestellten, Män¬
nern und Frauen, in der Regel das
günstigste Einkommen erzielt wird.
Damit ist die Frage: „Wovon wer-
- de,n die Renten berechnet?" beant¬
wortet.
Berechnung der Renten
Für die Berechnung der Renten
selbst sieht die Regierungsvorlage
folgende Bestimmungen vor: Der
jetzig.e starre Grundbetrag wird be¬
seitigt. An dessen Stelle tritt ein
Grundbelrag in der Höhe von 40 Pro¬
zent dev Bemessungsgrundiage. Für
die ersten zehn Jahre versicherter
Zeit wird ein Jprozentiger Steige-
—rungsbelrag, für das zweite Jahrzehnt
ein Sprozentiger, für das dritte Jahr¬
zehnt ein yprozentiger und iür das
vierte sowie die späteren Jahrzehnte
ein je ISprozentiger Steigerungs¬
betrag gewährt. Dies bedeutet, daß
nach 40jähriger Dienstzeit die Rente
,72 Prozent der Bemessungegrundlage
betragt. Der große Fortschritt liegt
darin, daß durch diese Maßnahmen
die Rentenhöhe näher an das tatsäch¬
liche Lohn- oder Gebaltseinkommen
des Versicherten herangebracht wird.
Die Regierungsvorlage sieh! weiter¬
hin die Einführung eines 13. Renten¬
bezuges vor.
Entsprechend den gegenwärtigen
Regelungen gnthält die Regierungs¬
vorlage Ruhensbestimmungen bei Zu¬
sammentreffen mehrerer Uentenlei-
stungen und auch Ruhensbeetimmun-
gen iür jene Fälle, in denen eine
Rente mit, einem Einkommen aus
^selbständiger oder nichtselbständiger
Arbeit Zusammentritt.
Valorisierung der Renten
Schlie!' teil beinhaltet die Regie-
rufigsvoilage auch eine entsprechende
Valorisierung der Renten der gegen¬
wärtigen Rentenempfänger.
Das dritte, entscheidende Problem
ist die Finanzierung der geplanten
künftigen Rentenversicherung und der
Neuberechnung der Renten der gegen¬
wärtigen Rentenemplänger. Jede Erhö¬
hung der Sozialversicherungsleistun-
ei e de ozialversic eru g zu
Voraussetzung. Dies soll geschehen
durch
a) Einbeziehung aller bisher bei-
tragslreien Lohnbestandteile in die
Beitragspflicht zur Sozialversiche¬
rung mit Ausnahme jener Lohnteile,
die dem Ersatz für Aufwendungen
dienen. Danach würden beitrags¬
pflichtiges Entgelt werden: das 13.
und 14. Monatsgehalt, Schmutz-,
Gefahren- und Erschwerniszulagen,
Entschädigungen für Mehrarbeit.
b) Durch Erhöhung der Höchst¬
beitragsgrundlage von 1800 Schil¬
ling auf 2400 Schilling und durch
Schaffung einer Mindestbeitrags¬
grundlage von 480 Schilling monat¬
lich.
Abschließend sei festgestellt, daß
nicht nur die Renten-, sondern auch
die Krankenversicherung dringend der
Erschließung erhöhter Einnahmsquel¬
len bedürfen, wenn sie ihre Leistun¬
gen ungeschmälert aufrechterhalten
sollen.
IBFG zur Vollbeschäftigung
Der Kleine Ausschuß des IBFG
nahm in einer Sitzung vom 1. bis
3. März 1054 eine Erklärung an, in
der die von den freien Gewerk-
schaiten befürwortete Vollbeschäf-
tigungspolitik in großem Umriß
dargelegt wird. Wir bringen nach¬
stehend einen Auszug dieser Er¬
klärung:
Die freien Gewerkschaften beobach¬
ten mit wachserrder Besorgnis, daß in
vielen Ländern rückschrittliche Strö¬
mungen zugenommen haben, die die
primäre Bedeutung der Vollbeschäfti¬
gung ablehnen, und daß gewisse Re¬
gierungen eine Wirtschaitspolitik be¬
treiben, die den Beschäftigungsgrad
herabzudrücken droht oder bereits
herabgedrückt hat.
Vollbeschäftigung ist eine uner¬
läßlich soziale, wirtschaftliche und
politische Notwendigkeil. Es Ist ein
unveräußerliches Grundrecht jedes
Menschen, seinen Lebensunterhalt
durch Arbeit verdienen zu können.
Die freien Gewerkschaften setzen
siui iu; c.:^, asuonnsclie Weltwirt¬
schaft ein. Die entscheidende Vorbe¬
dingung für eine solche Wirtschaft ist
eine wirksame Nachfrage, die, ständig
ansteigend, jederzeit hoch genug ist,
um tür alle mit der verfügbaren
Arbeitskraft produzierten Waren und
Dienstleistungen den Absatz zu si¬
chern.
Unter den gegenwärtigen Verhält¬
nissen erhält die Erhöhung der Vqr-
braucherkaufkrait sowie der öffent¬
lichen Aufwendungen für Waren,
Dienstleistungen und Investitionen
besondere Bedeutung.
Hohe Löhne und gesicherte Lohn¬
einkommen bilden die hauptsäch¬
lichen Bedingungen für das für eine
Vollbeschäftigung notwendige Niveau
der Verbraucherkauikratt. Es ist Auf¬
gabe der Regierungen, für eine Ver¬
teilung der Einkommen zu sorgen,
durch dip ein ausreichendes Niveau
der Verbraucherausgaben garantiert
wird.
Zur Kompensierung von Kauf-
kraftdefizilen sollten die Regierun¬
gen mit entsprechenden Ma߬
nahmen eingreifen. Das Argument,
daß kompensierende Maßnahmen
zu einem Defizit in einem Regie-
rungshaushalt führen können, ist
nicht stichhaltig.
Wesentlich ist, ein Gleichgewicht
zwischen der Gesamtproduktion der
Vollbeschäftigung und den Gesamt¬
ausgaben der Volkswirtschaft herzu¬
stellen.
Die freien Gewerkschaften fordern,
daß das Gleichgewicht zwischen Ge¬
samtnachfrage und Gesamtproduktion
auf. einem hohen Produktions- und
Beschäftigungsniveau erreicht wird.
Arbeitslosigkeit ist eine Krank¬
heit, die schnell von einem Land
zum anderen überspringen kann.
Die Vollbeschäftigungspolitik der
einzelnen Regierungen muß daher
international koordiniert werden und
mit einer ständigen Ausweitung
des internationalen Handels ver¬
knüpft sein.
Die Vollbeschäftigung zu verwirk¬
lichen und aufrechfzuerhalten, ist da¬
her eine besondere Aufgabe der Re¬
gierungen. Die Regierungen sollten
die wirtschaftliche Tätigkeit so weit
kontrollieren und koordinieren, ais
für die Erreichung und Aufrechterhal¬
tung der Vollbeschäftigung notwendig
ist.
Sobald ein Wirtschaftszweig sei¬
nen Beitrag zur Vollbeschäftigung
nicht leistet, sollte die Regierung
diese Wirtschaftstätigkeiten kon¬
trollieren, ergänzen oder über¬
nehmen.
Die freien Gewerkschaften werden
mit ihren nachhaltigen Bemühungen
fortfahren, eine universelle Anerken¬
nung der Vollbeschäftigung als die
höchste wirtschaftliche Zielsetzung je¬
der Gesellschaft zu gewährleisten, die
nach allgemeinem Wohlstand und
sozialer Gerechtigkeit strebt.
Die 'reien Gewerkschaften for¬
dern, ,.aß sämtliche, internationale
Organisationen die Vollbeschäftigung
als das vornehmliche Ziel wirtschaft¬
licher Maßnahmen anerkennen. In Er¬
kenntnis der notwendigen Koordi¬
nierung der gewerkschaftlichen Ak¬
tionen auf dem Gebiet der Voll¬
beschäftigung gibt der Exekutivaus¬
schuß diese Erklärung als Anleitung
für die freien Gewerkschaften bei
ihrem Kampf um die Vollbeschäfti¬
gung ab.
Arbeiter und Angestellte
versichern bei der
Städtischen
Versicherungsanstalt
Wien, I., Tuchlauben 8
Tel.: U 28-5.90
Geschäftsstellen im ganzen Bundesgebiet
Viele Mädchen suchen heute nach
einer geeigneten Lehrstelle. Wer von
ihnen hat schon daran gedacht, dert
Beruf einer diplomierten Kranken¬
schwester zu ergreifen? Die Bewer¬
berin muß allerdings gewisse Vor¬
aussetzungen erfüllen. Das wichtigste
ist, daß sie Freude zu diesem schönen
Frauenberuf hat. Mädchen, welche
sich diesem Beruf zugewendet haben,
finden volle Erfüllung darin, denn
nicht viele Frauenberufe bieten so
vielfache Möglichkeiten zur Entfal¬
tung der persönlichen Anlagen.
Es gibt nicht nur Operations-,
_
Nun zur Ausbildung selbst: Die
Bewerberin muß mit Ende des laufen¬
den Kalenderjahres das 18. Lebens¬
jahr erreicht und darf das 30. noch
nicht überschritten haben. Die körper¬
liche und die geistige Eignung sind
notwendig sowie die abgeschlossene
Hauptschule. Die Schule . dauert drei
Jahre. Die weltliche Schwesternschaft
der Steiermark besitzt zwei schöne
Schulinternate, in welchen die Schüle¬
rinnen gut untergebracht sind.
Die Schülerinnen erhalten wäh¬
rend der gesamten Schulzeit Unter¬
kunft, Verpflegung, Dienstkleidung,
sind krankenkassenversichert und
bekommen außerdem ein monat¬
liches Taschengeld.
Dieses beträgt derzeit im ersten
Schuljahr S 60,—, im zweiten S 90,—
und im letzten S 120,—.
Die Schülerinnen arbeiten in diesen
drei Jahren praktisch auf den einzel¬
nen Kliniken des Landeskranken¬
hauses Graz und hören nachmittags
die verschiedenen Vorlesungen.
In der Steiermark gibt es zwei
Krankenpflegeschulen, eine für Er¬
wachsenen- und eine für Säuglings¬
pflege.
Alle Arten von Anfragen sind zu
richten an: Landesoberin Th. Fleisch¬
hacker, Graz, Landeskrankenhaus.
Utifefde/i
Zupe
?in vieCqe^uehter ^rauettßeru^
Zu spül draufgekommen!
In einem holzverarbeitenden Be¬
trieb in Graz war bis vor kurzem der
Arbeiter Alois B, beschäftigt, der den
traurigen Ruhm für sich in Anspruch
nehmen konnte, als Gewerkschalts-
gegner zu gelten. B. brüstete sich
wiederholt d/imit, daß er in seinem
Betrieb die Durchführung von Be¬
triebsratswahlen vereitelt und in einer
Versammlung einen Gewerkschafts¬
sekretär verunglimpft habe.
Kein Wunder, daß er also das be¬
sondere Vertrauen seines Chefs ge¬
noß. Als nun dieser Chef wegen
Benzinschiebungen vor Gericht ge¬
stellt wurde, wandte er sich zeit¬
gerecht an seinen Schützling B. und
versuchte, offenbar in entsprechender
Einschätzung seines Charakters, ihn
zu einer falschen Zeugenaussage zu
verleiten. Dies lehnte B., der für drei
Kinder zu sorgen hat, aus Angst vor
Bestralung ab, worauf er vom Unter¬
nehmer fristlos entlassen wurde.
Da B. noch unbezahlte Überstunden
einzufordern hat, wandte er sich um
Rechtsschutz an die — Gewerkschaft!
Jetzt erst war er draufgekommen,
welchen Wert die von ihm einst ge¬
haßte Gewerkschaft tatsächlich hat,
aber jetzl war es zu spät. Die Ge¬
werkschaft lehnte sein Ansuchen ab,
und B. muß sein Recht durch Privaf-
klage mit Hilfe eines Rechtsanwaltes
zu wahren suchen, was bekanntlich
langwierig und kostspielig ist.
Röntgen- und Lehrschwestern, son¬
dern auch Schwestern, die in Diät¬
küchen, Werkanlagen u. dgl. arbeiten
Gut ausgebildete Krankenschwe¬
stern werden sowohl in der Steier¬
mark als auch im übrigen Öster¬
reich, ja auf der ganzen Welt benö¬
tigt. Daher gibt es kaum arbeitslose
Krankenschwestern. Finanziell ist
jede Schwester gesichert, dafür sor¬
gen schon unsere Gewerkschaften.
In den öffentlichen Spitälern er¬
reicht sie die Pragmatisierung wie
jeder andere Angestellte.
&dmtedank
AKTIENGESELLSCHAFT WIEN
Prompte und gediegene Durchführung aller
bankmäßigen Geschäfte. — Entgegennahme
von Spareinlagen. — Finanzielle Beratung
WIENI, SEITZERGAöSF. 2—4 Telephon: R ?0-5-40 i erie
ZWE IGSTELLE Wl EN ZE I LE:
WIEN, IV., Rechte Wienzeile 37
Telephon: B 26-0-9i
Fl LI ALEN:
GRAZ, Annenstraße24
KLAGENFURT, Bahnhofstraße 44
LINZ, Weingartshofstraße 3
SOLIDARITÄT Nr. 215 Seile 3